Erklärung zum Austritt aus der FDP Fraktion

„Sehr geehrte Präsidentin, liebe Kollegen, ich bin 2019 angetreten, Pragmatismus in die Politik zu bringen, um dem Bürger Gehör im Parlament zu verschaffen, den Weg zum echten Dialog zu ebnen und Politik für die Menschen in Thüringen zu machen. Ich habe die Aufgabe des Parlaments so verstanden, dass wir Abgeordneten Meinungen zu Sachfragen austauschen und Entscheidungen im Sinne der Menschen treffen. Das setzt voraus, dass alle Abgeordneten miteinander reden und sich diskurs- und konsensfähig dadurch auszeichnen. Ich stehe dafür, mit allen Parlamentariern und auch mit allen Menschen in Thüringen unvoreingenommen in den Dialog zu gehen und mein Wissen und meine Erfahrungen einzubringen. Den fairen und sachlichen Diskurs habe ich oft in der 7. Legislatur vermisst. Deshalb bedauere ich auch, dass es nicht zur Abstimmung über die Auflösung des Landtags gekommen ist.

Meine Gespräche mit vielen Menschen im Land haben mir gezeigt, dass ich mit meinen Idealen sehr viel positive Resonanz finde. Deshalb habe ich mich gestern entschlossen, den Aufnahmeantrag in die Partei „Bürger für Thüringen“ zu stellen. Warum? Was haben die zwei Jahre Thüringer Landtag mit mir gemacht? Zukunft ist kein Zufall, sondern das Ergebnis unseres Handelns. Welche Ereignisse haben mich geprägt? Die Diskussion vor der Ministerpräsidentenwahl, das Erleben der Ereignisse um die Wahl von Thomas Kemmerich und nicht zuletzt die Diskussion der letzten Wochen, die ich als unwürdig für unser Parlament empfunden habe.

Entsprechend den gesetzlichen Rahmenbedingungen kann ich nun nach der Sommerpause nicht mehr Mitglied einer Fraktion in diesem Landtag sein. Einvernehmlich haben wir uns in der FDP-Fraktion vereinbart, bis zum Ende der Sommerpause als Fraktion zusammenzuarbeiten und uns bis dahin auf die Situation, auf die neue Konstellation vorzubereiten. Ich verlasse die FDP-Fraktion nicht im Groll und mit Rachegefühlen – im Gegenteil, ich bin meinen Fraktionskollegen sehr dankbar für das gemeinsame Ringen um Sachlichkeit und die gute Kommunikation auf Augenhöhe.

Ab September werde ich als Einzelabgeordnete der „Bürger für Thüringen“ in diesem Parlament tätig sein. Ich biete allen Fraktionen die konstruktive Zusammenarbeit in Sachfragen an. Wie ich der Presse und auch den Reden heute entnommen habe, gibt es unter Ihnen viele, die auch den Willen zu einem konstruktiven Neustart der parlamentarischen Arbeit haben.

Mit Freude habe ich den Medien entnommen, dass Sie, Herr Ministerpräsident, meinen Vorschlag von Dezember 2019 aufgegriffen haben und nun Thüringen mit wechselnden Mehrheiten regieren wollen. Rückblickend stelle ich für unser Land fest: Die Geburtswehen meines Vorschlags waren in Thüringen heftig, ich freue mich umso mehr, dass das Köpfchen langsam sichtbar wird.

Ich stehe für Innovationen. Thüringen innovativ – das nehmen wir für uns in der Wissenschaft und Wirtschaft nicht nur in Anspruch, sondern können auch sehr gute Ergebnisse vorweisen. Was halten Sie davon, Thüringen innovativ auch in die Politik zu übernehmen? Lassen Sie uns gemeinsam alte Ketten aufbrechen, denn zu wechselnden Mehrheiten gehört noch ein zweiter Schritt: strikte Trennung zwischen Legislative und Exekutive. Lassen Sie uns mit parteiunabhängigen Ministern, die sich durch Fach-, Sozial- und Managementkompetenz auszeichnen, neue Wege gehen. […]

Kommunikation auf Augenhöhe ist etwas, was ich in diesem Hohen Haus oft vermisst habe. Deswegen möchte ich meinen Vorschlag noch mal erneuern, den ich vor einem Jahr gemacht habe, dass wir uns Kommunikationsleitlinien hier in dem Parlament geben, damit wir den Anforderungen unserer Bürger in der Kommunikation gerecht werden. Danke schön.“

Aus: Plenum, Rede Thüringer Landtag, 21.07.2021

Posted by Nicole Fuchs